Waisen und kranke Kinder von Zaporoshye, Ukraine
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Waisen und Sozialwaisen in staatlichen Fürsorgeeinrichtungen

Trotz der positiven Deklarationen wurde die ukrainische Gesellschaft von einer Reihe politischer und wirtschaftlicher Erschütterungen geprägt, die wesentlichen Einfluss auf die allgemeine Situation von Kindern in der Ukraine hatte

Autor: Mykhaylo Plotsidem, www.uibk.ac.at
Veroffentlicht am: 2011-12-16 14-00-00   Counter: 3162
  
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1. Einfuhrung

Die Sorge um die Rechte der Kinder ist eine wichtige Entwicklung im 20. und 21. Jh. Große Teile der heutigen Weltgesellschaft machen sich den Schutz der Kinderrechte zur Aufgabe. Als Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft hat sich auch die Ukraine daran beteiligt, bessere Bedingungen für die Kinder zu schaffen. Die Entwicklung und der Schutz der Kinderrechte werden durch das Festhalten an den Prinzipien der Demokratie, Gleichberechtigung, des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit gewährleistet. (Aus diesem Grund ist die von der Ukraine im Jahr 1991 ratifizierte Konvention der UNO über die Rechte der Kinder ein ausschlaggebendes Dokument. Die Konvention erkennt die Priorität des Kindes in der Gesellschaft an und unterstreicht die Unzulässigkeit der Diskriminierung der Kinder aus irgendwelchen Gründen. Am wichtigsten wird dabei die Notwendigkeit einer staatlichen Betreuung sozial benachteiligter Kinder eingestuft, darunter: Waisen, Sozial-Waisen, behinderte Kinder, Flüchtlinge etc. In der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes wird auch festgehalten, dass der volle emotionale Komfort der Kinder, die Atmosphäre von Glück, Liebe und Verständnis optimal in einem familiären Umfeld realisierbar sind. Das Kind sollte im vollen Umfang für ein selbstständiges Leben in der Gesellschaft, in einer besseren Wahrnehmung der hohen humanistischen Ideale und moralischen Werte erzogen werden. (Konvention der UNO über die Rechte der Kinder. Kiev 1997, 32.).

Das Schlussdokument der speziellen Tagung der UNO-Vollversammlung im Interesse der Kinder heißt «Die für die Kinder günstige Welt» und wurde am 30. Oktober 2008 vom Ministerkabinett der Ukraine unterzeichnet. In diesem Dokument geht es darum, dass die nationalen und globalen politischen Verantwortungsträger Innen und StaatsführerInnen verpflichtet sind, zur «physischen, psychologischen, geistlichen, sozialen, emotionalen, bildungsmäßigen und kulturellen Entwicklung der Kinder beizutragen». In Folge dieses Dokuments hat sich die gesetzliche Lage im Hinblick auf die Kinderrechte in der Ukraine positiv verändert. Dies zeigt sich an mehreren Faktoren, so z. B. in der Entwicklung der Staatspolitik im Hinblick auf die Kinderrechte oder in der Ausweitung des nationalen. (Beschluss des Ministerkabinetts der Ukraine am 10.08.2008, Nr. 2564 «Nationalplan der Realisation derKinderrechte der Konvention der UNO.Kontrollmechanismus zur Einhaltung der geltenden Gesetze im Bereich des sozial-rechtlichen Schutzes der Kinder).

Trotz der positiven Deklarationen wurde die ukrainische Gesellschaft im Laufe von anderthalb Jahrzehnten von einer Reihe politischer und wirtschaftlicher Erschütterungen geprägt, die wesentlichen Einfluss auf die allgemeine Situation von Kindern und Jugendlichen in der Ukraine hatte. Dabei ist zunächst an Störungen der politischen, ökonomischen und sozialen Stabilisierungsprozesse sowie an Manipulationen des gesellschaftlichen Bewusstseins zu denken. Es wird ersichtlich, dass z. T. äußerst destruktive Faktoren die sozialen Institutionen in Mitleidenschaft ziehen und dabei die Lebensorientierung der Bevölkerung stören. Dies führt zur Relativierung der allgemein-menschlichen, geistlichen, moralisch-ethischen Werte, sie schwächen die Institution der Familie als Keimzelle der Gesellschaft und erschweren den Sozialisierungsprozess der Kinder. Von diesen negativen Auswirkungen sind die Waisenkinder am meisten betroffen. Balakireva O., Bykovska O., Wakulenko O. Derzhavna dopowid pro stanowysche ditey w Ukraini.(za pidsumkamy 2008 roku). Ministerium für Familie, Jugend und Sport. Kiev 2006, 232. Das Ministerium unterhält regionale und lokale Büros in allen Provinzzentren. Es ist zuständig für die Heime und Sozialdienste im ganzen Land und initiierte unter anderem Seelsorgezentren und Telefonnotdienste, mobile Beratungsstationen sowie Resozialisierungszentren für jugendliche Drogensüchtige. Das Ministerium hat ebenfalls Unterstützungsfonds eingerichtet, mit denen der Wohnungsbau für junge Familien gefördert werden soll. Es kooperiert mit öffentlichen gesamtukrainischen Kinder- und Jugendverbänden sowie mit den Ministerien für Bildung und Wissenschaft, Gesundheit, Arbeit und Sozialpolitik und unterhält bilaterale Kooperationen mit Institutionen in Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Russland, Georgien, Aserbaidschan und Belarus. Das Ministerium für Familie, Jugend und Sport ist verantwortlich für staatliche Jugendarbeit im weitesten Sinn. Ihm zugeordnet sind unter anderem die regionalen und kommunalen Vertretungen des Ukrainischen Staatszentrums für Sozialdienste für Jugendliche, Jugendklubs, das Staatszentrum für Familien- und Jugendprobleme, regionale und kommunale Dienstleistungen für Minderjährige, sozialpsychologische Krisen-, Rehabilitations- und Sozialisationszentren und auch Internetzentren, Jugendgeschäftszentren und Arbeitskräfteaustausch. (Quelle: www.kmu.gov.ua).

2. Ziel meines Forschungsvorhabens

Es ist das Ziel meiner Dissertation, die Hauptursachen der Situation zu erforschen, in der ukrainische Waisenkinder leben; die realen Probleme der Waisenkinder und die der Elternsorge entzogenen Kinder, die in Heimen aufwachsen, zu erläutern, und auch die Aufmerksamkeit der Gesellschaft für diese Probleme zu sensibilisieren. Es soll auch ein Blick auf die staatliche und rechtliche Ebene geworfen werden. Die Erforschung und öffentliche Thematisierung der Problematik erhöhen das Interesse für eine Adoption der Waisen in der Ukraine und über ihre Grenzen hinaus. Dieser Artikel soll einen kleinen Beitrag zu einer ersten Bewusstmachung des Problems leisten.

3. Waisen in der Ukraine: Situation, Probleme und deren Ursachen

Die hohe Anzahl der Waisen unter Kindern und Jugendlichen ist heutzutage in der Ukraine zu einem gesellschaftlichen Problem geworden. Das Thema beschäftigt weite Kreise der Gesellschaft, große Bereiche der staatlichen Verwaltungsorgane, der lokalen Selbstverwaltung und der Religionsgemeinschaften.Die Zahl der Kinder, die staatliche Unterstützung brauchen, sowie die Anzahl der sozial gefährdeten Kinder in den Anstalten der staatlichen Vormundschaft steigt ständig. In der sozial-demografischen Entwicklung zeigt sich die Tendenz einer Abtrennung der Elternschaft von der Institution Familie. (Hurko T. Parenting in einer sich verändernden sozio-kulturellen Bedingungen. Kiev 1997, 72-79) Als Beweis dafür gilt die wachsende Zahl der kinderlosen Familien, der allein erziehenden Elternteile, der geschiedenen Ehepaare, der Eltern, die ihre gesetzlich festgelegten Pflichten nicht erfüllen oder derjenigen Eltern mit entzogenen Elternrechten.

Um die Besonderheiten der Probleme von Waisen besser zu verstehen und Lösungswege zu finden, müsste man zuerst Entstehung und Ursache sowie die Folgen dieses Phänomens gründlich analysieren.Der Mangel an staatlicher Unterstützung, bzw. die geringe Zahl von Initiativen und Förderungsprogrammen für Familien mit Kindern gehören zu den Hauptursachen der hohen Waisenzahlen. Dazu kamen in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch die Folgen der bereits erwähnten politischen und wirtschaftlichen Erschütterungen, die durch den Zerfall des Ostblocks ausgelöst wurden und gewissen neoliberalen Tendenzen die Türen öffneten. Beides zusammen hat zur Folge, dass viele Familien in der Ukraine mittlerweile unter der Armutsgrenze leben müssen. Die beschränkten materiellen Ressourcen zwingen die Eltern, viel zu arbeiten bzw. zu emigrieren, um Geld zu verdienen. Den Kindern mangelt es an Aufmerksamkeit und Pflege der Eltern. Der Geldmangel verursacht sozial-psychologische Probleme, die in weiterer Folge auch zu Scheidung, Vergrößerung unvollständiger Familien, Depression, Aggressivität, Ausbreitung von Alkoholismus, Drogensucht und Anwachsen des Suizids mit sich bringen können. All das kann unerträgliche Lebensbedingungen für Kinder in der Familie zur Folge haben. Den Angaben des ukrainischen Ministeriums für Familie, Jugend und Sport zufolge sind in der Ukraine mehr als 115.000 Waisen und Kinder ohne elterliche Fürsorge.(Potopachina O. Sozialer Schutz der Waisenkinder und der Kinder, die der Elternsorge entzogen sind. Odessa 2009, 4). Deshalb ist die Frage der Unterbringung der Kinder sehr aktuell.

4. Begriffe und Definitionen – Waisen und Sozialwaisen

Gestützt auf einige wissenschaftliche Quellen, möchte ich nun den Unterschied zwischen den Begriffen „Waisen“ und „Sozialwaisen“ erläutern. Soziale Verwaistheit ist ein Zustand, verursacht durch Nichtwahrnehmung elterlicher Pflichten gegenüber dem minderjährigen Kind. Sozialwaisen verlieren infolge diverser sozialer, wirtschaftlicher, moralischer und psychischer Ursachen ihre Eltern und werden zu Waisen bei leiblichen Eltern, die noch am Leben sind. Diese Kinder bilden in unserer heutigen Gesellschaft eine besondere soziale Gruppe. Heutzutage gibt es in der Ukraine keine festgelegte Definition und Beurteilung dieser Kategorie der Kinder.

Massenmedien, psychologische und pädagogische Arbeiten sowie Sozialbefragungen verwenden folgende Termini: Obdachlose, Nichtbetreute, Straßenkinder, Sozialwaisen, minderjährige Risikogruppen. UNICEF zählt zu Sozialwaisen folgende Gruppen:


- Kinder, die keinen Kontakt zu ihren Familien halten und in Zufluchtsorten leben;
- Kinder, die Kontakt zu ihren Familien halten, aber wegen Armut, Ausnutzung und Missbrauch in der Familie lieber untertags, aber auch nachts auf der Straße leben;
- Kinder, die in Heimen aufgewachsen sind, diese aber wegen diverser Ursachen verlassen haben und auf der Straße leben.

Der Begriff „Waisenkinder“ bezieht sich auf Kinder, deren Eltern gestorben sind, oder deren Eltern die Elternsorge entzogen wurde, oder die eine Freiheitsstrafe in Justizanstalten verbüßen oder verschollen sind, oder von zuständigen Gremien für physisch bzw. psychisch wahrnehmungsunfähig erklärt wurden. (Hrebennikov I., Kovinko L. Erziehung in der Familie: Eine kurze Dictionary. Kiev 1990, 182). Dieser Status wird nur im Rahmen eines juridischen Verfahrens anerkannt und gewährt das Recht auf staatliche Fürsorge. Diesbezüglich heißt es in der ukrainischen Verfassung, dass „der Unterhalt und die Erziehung der Waisenkinder und Kinder, die der Elternsorge entzogen sind, dem Staat übertragen wird“. (Zivilkodex der Ukraine, § 52).

5. Fürsorgeformen für Kinder und Jugendlich

Die Analyse der Fachliteratur zeigt, dass in der Ukraine ein Erziehungsprogramm für Waisenkinder und Kinder, die der Elternsorge entzogen sind, sowie zur Realisierung ihrer Rechte in der Familie ausgearbeitet worden ist. (Artjuschkina L., Poljanutschko А. Das sozial-pädagogische Problem des Waisenstandes in der Ukraine. Sumy 2002, 268. Bevz H., Pescha I. Das Kind in der Betreuungsfamilie: Das ukrainische Institut der sozialen Forschung. Кiev 2006, 318).

Dabei werden diverse Formen von Fürsorgemodellen unterschieden: verschiedene Formen der Vormundschaft bzw. Pflege, Adoption, Betreuungsfamilien und Familien-Kinderhäuser. Neben diesen Formen der Familienfürsorge sieht das Familiengesetz der Ukraine vor, insbesondere zur qualifizierten Unterstützung der Familien beizutragen, die für die Kinder spezielle Pflege brauchen. Diese Pflege- und Erziehungsaufsicht besteht in der Unterbringung der Kinder in Pflegefamilien. Rechte und Pflichten zum Schutz der Interessen des Kindes und der leiblichen Eltern werden vom zuständigen Amt in Zusammenarbeit mit den Pflegefamilien wahrgenommen. Die Pflegschaft ist kurzfristig (bis zu 6 Monaten) oder längerfristig (bis zu 2 Jahren oder länger, je nach Bedürftigkeit der Kinder). Sie kann nicht nur in den Fällen angewandt werden, in denen das Kind aus irgendeinem Grund ohne elterliche Fürsorge ist (wenn die Eltern gestorben sind oder im Krankenhaus sind, usw.), sondern auch, wenn es sich in einem gefährlichen sozialen Umfeld befindet. Eine solche Pflegschaft findet häufig bei vorübergehendem asozialem Verhalten von Eltern Anwendung. Während des Aufenthalts des Kindes in der Pflegefamilie macht die leibliche Familie Rehabilitationsarbeit, um eine baldige Rückkehr des Kindes zu ermöglichen. Um dieses Modell zu fördern, bedürfte es aber vor allem einer angemessenen Entlohnung der ErzieherInnen. (Bevz H., Boruschevskiy М., Trusova L. Die Kinder der staatlichen Sorge: Probleme, Entwicklung, Unterstützung. Кiev 2005, 246).

Vormundschaft bzw. Pflege haben – so wie sie im ukrainischen Familienrecht definiert sind – komplexe Bedeutungen. Vormundschaft bezieht sich auf Kinder bis zum Alter von 14 Jahren, Pflege auf Kinder im Alter von 14 bis 18 Jahren (Minderjährige). Vormundschaft bzw. Pflege sind demnnach die juristischen Formen des Schutzes des persönlichen Eigentums und nicht des Eigentumsrechts von Minderjährigen, die der elterlichen Fürsorge entzogen sind. Ihre Standards haben familien-, zivil- und auch verwaltungsrechtlichen Charakter. Sie regulieren einerseits die Beziehungen zwischen Vormundschaft und Pflege, andererseits zwischen Vormund und Pflegepersonen (Zivilkodex der Ukraine § 55-79). Die Vormundschaft wird beendet:

- nach Erreichen des 14. Lebensjahres des Kindes. In diesem Fall wird die Vormundschaft automatisch in ein Sorgerecht umgewandelt;

-im Fall der Rückkehr des Kindes zu den leiblichen Eltern durch Gerichtsbeschluss;

-im Fall des Todes des Kindes oder des Vormunds.

Die Pflege wird beendet:

-nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres;

-im Fall der Rückkehr des Kindes zu den leiblichen Eltern durch Gerichtsbeschluss;

-im Fall des Todes des Kindes oder der Pflegeperson.

Der Gesetzgebung unseres Staates entsprechend, ist Adoption die Aufnahme eines unmündigen Kindes in die Familie mit den Rechten eines Sohnes oder einer Tochter aufgrund eines Gerichtsbeschlusses. Das gesetzgebende Verfahren der Adoption wird durch das Familiengesetz der Ukraine reglementiert. Die Verordnung zur Ausführung der Kinderadoption und zur Verwirklichung der Aufsicht über die Einhaltung der Rechte der Adoptivkinder wurde vom Ministerkabinett der Ukraine am 8. Oktober 2008 bestätigt. (Beschluss im Ministerkabinett der Ukraine am 08.10.2008. Nr. 905 «Staatliche, schriftliche Akte über den Zustand der Waisen und verlassenen Kinder in der Ukraine»).

Das Familien-Kinderhaus besteht aus einer einzelnen Familie und entsteht aus dem Wunsch eines Ehepaares oder einer einzelnen unverheirateten Person. Eine solche Familie kann höchstens zehn Mitglieder haben, inklusive der adoptierten Kinder. Die Personen, die sich für die Kinder verpflichten, bekommen den Status der Eltern-Erzieher. Die Kinder, die in einem Familien-Kinderhaus aufgenommen werden, heißen Pflegekinder. Allerdings verlieren sie nicht ihren Status als Waisenkinder und der Elternsorge entzogene Kinder. Die Pflegekinderbleiben bei den Pflegeeltern, bis sie volljährig sind. Im Falle der Fortsetzung des Studiums an einer berufsbildenden Schule oder Hochschule können sie bis zu ihrem Abschluss bleiben, insgesamt aber nicht länger als bis zum Alter von 23 Jahren. Großes Augenmerk wird in den Kinderhäusern auf Persönlichkeitsbildung gelegt, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung sozialer Kompetenzen liegt.

Die Erfahrung mit den Kinderhäusern in der Ukraine zeigt, dass sich ihre sozialen Funktionen von denen gewöhnlicher Familien wenig unterscheiden. Dabei gibt es eine ganze Reihe an Eigenschaften, die nur dem Kinderhaus eigen sind: Die leiblichen Eltern sind mit den Adoptivkindern nicht verbunden, die erziehenden Eltern sollen nicht nur die Pflichten der Erzieher erfüllen, sondern sind auch die Familienoberhäupter großer Familien. Für die Familien ergeben sich so schwierige Aufgaben wie Korrektur und Kompensation der defekten Entwicklung der sozial gefährdeten Kinder, des Zurückbleibens und der Vernachlässigung der Gesundheit, und auch das Überwinden der Folgen psychischer Traumata, die nur bis zu einem gewissen Grad gelöst werden können. (Pescha I. Das soziale Schutz der Waisen. Kiev 2000, 85).

Eine Adoptionsfamilie ist eine Familie oder eine einzelne Person, die nicht verheiratet ist, die freiwillig und mit angemessener finanzieller Unterstützung aus den staatlichen Kindereinrichtungen höchstens vier Kinder zur Erziehung in ihren eigenen Wohnraum aufnimmt (die Gesamtanzahl der Kinder in solchen Familien, leibliche und Adoptivkinder, soll nicht größer als fünf Personen sein). Die Finanzierung der Adoptionsfamilie erfolgt aus dem Staatshaushalt. Geldbeträge, die den Adoptivkindern gebühren (z.B. Rente, Unterhalt oder andere Arten von staatlichen Beihilfen) gehen in das Eigentum von Adoptiveltern über und dienen als Vorsorge für die Kinder. Soziale Einrichtungen kontrollieren die Verwendung der Geldbeträge sowie das Wohlergehen der Adoptivkinder in den Familien. Die Adoptivkinder haben nach wie vor das Recht auf persönlichen Kontakt zu den leiblichen Eltern und anderen Verwandten, wenn es nicht in Widerspruch zu ihrem Interesse steht oder durch Gerichtsbeschluss verboten wurde. Die Formen der Kommunikation bestimmen die Justizorgane im Einvernehmen mit den Adoptiveltern und unter Beteiligung der sozialen Dienste für Familien, Kinder und Jugend.

Wichtigstes Kriterium für die Bestimmung der Wirksamkeit der familiären Pflege ist das Niveau der Anpassung des Kindes an die Forderungen der modernen sozialen Entwicklung. Während die Eltern früher ihren Erfolg in der Erziehung des Kindes nach dem Umfang der überlieferten Kenntnisse, Fähigkeiten, Überzeugungen, Werte gemessen haben, werden diese Kriterien im raschen sozialen Wandel nicht ausreichen. Die im Erziehungsprozess erworbenen Kompetenzen der Kinder zu selbständigem Handeln und Entscheiden sollten Maßstab für die Beurteilung pädagogischen Handelns sein, denn Selbstständigkeit, Kreativität und soziale Verantwortung sind entscheidende Kompetenzen in der gegenwärtigen Gesellschaft.

Zweifellos sind das Unterkommen in einer Pflegefamilie oder die Adoption der beste Ersatz für die verlorene Familie. Die Bildung von Familien-Kinderhäusern liegt dabei zwischen der Erziehung in einer Familie und im Waisenhaus.

Dieser Prozess befindet sich in der Ukraine noch in den Anfängen, und erste aussagekräftige Ergebnisse dieses Modells müssen erst abgewartet und analysiert werden. Während die Fürsorge in Familien im Hinblick auf die jüngeren Kinder leichter zu lösen ist, ist es für die Kinder (Jugendlichen), die älter als 10-12 Jahre alt sind, viel schwerer, eine Familie zu finden.

So bleibt für Kinder dieser Alterskategorie im Falle des Verlustes ihrer eigenen Familie meist nur die Internatsanstalt.

Den offiziellen Angaben des Ministeriums der Arbeit und der sozialen Politik entsprechend gab es in den Internatshäusern im Jahre 2000 7977 Kinder in 58 Anstalten, im Jahre 2009 in 55 Anstalten 6937 Kinder. (Balakireva O., Bykovska O. , Wakulenko O. Ministerium für die Familie, Jugend und Sport. Derzavna dopovid pro stanovytsze ditej v Ukraijni (za pidsumkamy 2005 r.) Kiev 2006, 229).

Die Probleme der Bildung und die Entwicklungsgesetzmäßigkeiten der Internatsanstalten wurden bereits von mehreren Wissenschaftlern untersucht, die ihre besondere Aufmerksamkeit der moralischen Entwicklung der Waisen und der Kinder und Jugendlichen, die der Elternsorge entzogen wurden, widmen. Weiters stehen in diesen wissenschaftlichen Analysen auch die Humanisierung der zwischenmenschlichen Kommunikation und das Schaffen einer familiären Beziehung im Mittelpunkt des Interesses. Dabei werden u.a. folgende Probleme genauer beleuchtet: das Fehlen familiärer Beziehungen und elterlicher Vorbilder sowie die gestörte Kommunikation in den noch vorhandenen Familien, die wiederum zu erhöhter Aggressivität bei den Kindern und Jugendlichen führt. (Аntonova-Turtschenko О., Artuschkina A., Wolunets L., Zavhorodnja Т., Каrpenko О., Kobzar B., Коmarova N., Lysenko N., Nahatschevska Z., Pjescha І., Poljanytschenko А., Stuparyk B., Wolanuk R., Jаkovenko B., Haluzova М., Zvejeva І., Каpska А., Оvtscharova R., Potopachina O. Sozialer Schutz der Waisen und Kinder, die entzogen sind. Odesa 2009, 42-43. Repa N., Stepanenko A. Moralne wychovannja utschniw shkoly-internatu. Moralische Erziehung den Schülern im Internat. Kiev 1996, 5-6).

Der Aufenthalt in den Internatseinrichtungen verstärkt noch die Gefühle der sozialen Entfremdung und produziert Wünsche nach sozialer Abschottung und Ignorierung der Gesellschaft. Negative Auswirkungen der Kinderausbildung in Waisenheimen zeigen sich vor allem darin, dass diesen Kindern und Jugendlichen faktisch die Möglichkeit genommen wird, Familienbeziehungen wahr- und an ihnen teilzunehmen. Die Praxis zeigt, dass die Gründung einer eigenen Familie und ihr Erhalt für die Kinder aus den Internatsanstalten mit größeren Schwierigkeiten verbunden sind. Die meisten Internatsabgänger heiraten untereinander und setzen die gewohnten Formen des Zusammenlebens fort. (Prychozan A., Tolstich N. Deti bez semji. Die Kinder ohne Familie. Moskau 1990, 160).

Die negativen Faktoren, die sich bei der Sozialisation der Kinder in den Internatsanstalten zeigen, können wie folgt zusammengefasst werden:

-Emotionale Probleme: Mangel an Kommunikation mit der leiblichen Mutter; Mangel an Liebe, Zuneigung, Aufmerksamkeit; eingeschränkte Kommunikationskompetenz bedingt durch die beschränkten Kontakte, durch die Grausamkeit der Mitarbeiter und der Internatsgenossen; erhöhte Angstgefühle, niedriges Selbstbewusstsein, emotionale Unzufriedenheit, Mangel an freien Entscheidungen und der Reglementierung von Zeit.

-Soziale und psychologische Probleme: Fehlen von sozialen Fähigkeiten, Mangel an Erfahrungen im Hinblick auf die eigene Problembewältigung, Drogenabhängigkeit, Alkoholismus, psychische Erkrankungen etc.

-Finanzielle Probleme: Mangel an privatem Freiraum (eigenes Zimmer, etc.), ständiger Aufenthalt im engen Kommunikationsmilieu des Heimes; finanzielle Benachteiligung, die Kinder besitzen keine eigenen Ersparnisse und keine Erfahrung im Umgang mit Geld.

All diese Probleme betreffen aber nicht nur das Individuum, sondern wirken sich auch negativ auf den Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Dadurch kann es zu einer Dynamik kommen, die wiederum die oben genannten Probleme „fördert“.

6. Resüme

Heutzutage existieren in der Ukraine parallel zwei Pflegesysteme für Waisenkinder und für Kinder, die der Elternsorge entzogen sind:

-das traditionelle System: das sind Heime, die für den Staat sehr teuer sind und eine allgemein wertebezogene moral-ethische Erziehung und Bildung, aber auch die soziale und psychische Entwicklungsunterstützung für die Kinder nicht leisten können;
-spezielle Formen der Erziehung für Waisenkinder und Kinder, die der Elternsorge entzogen sind, in Familien und familienähnlichen Institutionen.

Eine gleichzeitige Entwicklung dieser Systeme und die Politik der Erhaltung des Systems der Anstalten ohne Veränderungen ist ineffizient hinsichtlich der Versorgung der Kinder sowie der Ausnutzung der Budgetkosten.

Die Ausbreitung eines Netzes von Internatsanstalten ruft Bedenken hinsichtlich der hohen Ausgaben sowie des schwachen moralisch-ethischen Moments solcher Einrichtungen hervor. Die durchgeführte Analyse der wissenschaftlichen Dokumente bestätigt alle Gründe, warum der Prozess des Ausbaus der Formen der Familienfürsorge für alle Beteiligten kompliziert ist: für die Kinder, die Traumata erfuhren und qualifizierte Hilfe brauchen; für die Bürger, die die Kinder und ihre Familienmitglieder in Obsorge nehmen; für staatliche Organe und Ämter, die das Funktionieren der Familienformen der Erziehung gewährleisten sollen; für den Staat und seine soziale Politik.

Die ukrainische Sozialpolitik zielt auf die Schaffung optimaler Lebensbedingungen für sozial benachteiligte Kinder ab.

Die Durchführung der humanistisch orientierten Sozialpolitik erfordert dabei eine Neuausrichtung der staatlichen Prioritäten auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder sowie eine Förderung der optimalen Bedingungen für ihre Ausbildung und Entwicklung.

Die Demokratisierung der ukrainischen Gesellschaft trägt wesentlich zur intensivierten Suche nach neuen Ansätzen in Bildung und Versorgung der Kinder mit fehlender elterlicher Erziehung auf der Grundlage des Humanismus bei.

Zweifellos verbessert die Einführung der Institution der Pflegefamilie deutlich den sozialrechtlichen Status und den moralisch-psychologischen Zustand der Waisenkinder und Kinder, die der Elternsorge entzogen sind.

Eigentlich können durch die Schaffung alternativer Formen der Familienpflege für Waisenkinder und Kinder ohne elterliche Fürsorge die Forderungen der internationalen Beschlüsse umgesetzt werden. Damit werden die Bedürfnisse der Waisenkinder gewährleistet: Erziehung in einer familiären Umgebung, in einer Atmosphäre von Glück, Liebe und Harmonie.

Für die Verbesserung der Ausbildung und Pflege von Waisen und Kindern ohne elterliche Betreuung ist es notwendig, Vorbeugungsmechanismen zu erarbeiten, die die Erfüllung der Elternpflichten sowie materielle und psychologische Unterstützung für bedürftige Familien gewährleisten können. Dabei sollten die oben erwähnten negativen Entwicklungen hinsichtlich der Familienwerte in der Bevölkerung berücksichtigt werden.





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